Georg Kreisler

Der Gedanke ist gut

Bei seinem reichen Onkel erschien der Neffe Klaus,
Und sprach zu ihm: ,,Ich komme aus den Schulden nicht heraus!
Ich habe Frau und Kinder, das Geld jedoch hast du,
Daß ich es erb, was nützt mir das,
Gib mir schon jetzt ein bissel was,
Dann hab ich meine Ruh!''.
Der Onkel sprach : ,,Hör zu!''

,,Der Gedanke ist gut, aber die Ausführung läßt warten,
Der Gedanke ist gut, aber die Tat ist diffizil,
Denn wenn ich dir schon jetzt was geb und dann noch meinen Tod erleb,
Werd ich mich kränken, denn dann kriegst du nicht mehr viel.
Der Gedanke ist gut, aber die Durchführung ist schlimmer,
Darum schlage ich vor, du kommst zurück in einem Jahr.
Wenn ich dir dann nichts geb, weißt du noch immer,
Daß dein Gedanke trotzdem ausgezeichnet war!''

Bein einem Fernsehleiter in Wien, vielleicht Berlin,
Beschwert sich eine Dame: ,,Das Niveau ist völlig hin!
Sie geben den schwachen Künstlern die Protektion haben nach,
Wenn einer intrigieren kann, dann kommt er immer wieder dran,
Die Guten liegen brach!''. Der Fersehleiter sprach:

,,Gnädige Frau, der Gedanke ist gut, aber die Ausführung läßt warten,
Der Gedanke ist gut, doch die Erfüllung macht mir bang,
Denn wenn man unser Fernsehen jetzt nur auf Grund von Niveau besetzt,
Hab ich ja selber meinen Posten nicht mehr lang.
Der Gedanke ist gut, aber das Werk wird nicht geschehen,
Darum schlage ich vor, daß ich mir weitre Worte spar,
Und auf dem Fernsehschirm kann jeder sehen,
Daß Ihr Gedanke wirklich ausgezeichnet war!''

In Rußland herrschen Felherrn, auch China macht sich stark,
In Spanien sind Faschisten und in Deutschland herrscht die Mark.
Amerika führt Kriege in vielerlei Gestalt,
Und daraus folgt als letzter Schluß, daß man das alles ändern muß,
Sonst werden wir nicht sehr alt. Wenn's sein muß, mit Gewalt.

..., aber die Ausfürung läßt warten,
..., aber wir kommen schwer vom Fleck,
Wenn wir nicht ihre Pläne störn, wird die Zukunft nicht uns gehörn,
Die Generale sterben nicht von selber weg.
Der Gedanke ist gut, aber die Herrscher demagogisch,
Der Gedanke ist gut, aber die Welt ist leider trist.
Wenn ich so um mich blick', seh ich ganz logisch,
Daß der Gedanke wirklich ausgezeichnet ist.

Tauben vergiften

Schatz, das Wetter ist wunderschön,
Da leid ich's net länger zu Haus!
Heute muß man ins Grüne gehn,
In den bunten Frühling hinaus!
Jeder Bursch und sein Mädel
Mit einem Freßpaketel
Sitzen heute im grünen Klee,
Schatz, ich hab eine Idee!

Schau, die Sonne ist warm und die Lüfte sind lau,
Geh mer Tauben vergiften im Park!
Die Bäume sind grün und der Himmel ist blau,
Geh mer Tauben vergiften im Park!
Wir sitzen zusmam' in der Laube
Und a jeder vergiftet a Taube,
Der Frühling, der dringt bis ins innerste Mark
Beim Tauben vergiften im Park.

Schatz, geh bring das Arsen gschwind her,
Des tut sich am besten bewährn,
Streus auf a Graubrot kreuz über quer,
Nimms Scherzel, des fressens so gern.
Erst verjag mer die Spatzen,
Denn die tun eim alles verpatzen,
So a Spatz ist zu gschwind, der frißt's Gift auf im Nu,
Und des arme Tauberl schaut zu.

Ja, der Frühling, der Frühling, der Frühling ist hier,
Geh mer Tauben vergiften im Park!
Kanns geben im Leben ein größres Plaisier
Als das Tauben vergiften im Park?
Da Hansel geht gern mit der Mali,
Denn die Mali, die zahlt's Zynkali,
Die Herzen sind schwach und die Liebe ist stark
Beim Tauben vergiften im Park!
Nimm für uns was zu naschen
In der andern Taschen,
Geh mer Tauben vergiften im Park!

http://www.georgkreisler.de/

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Berliner in Österreich? - Nein: Sozialisten bei Sozialisten!

Wenn der Norddeutsche zum Österreicher kommt, so ergibt das manchmal jene Figur, die vor dem Stephansturm steht und sagt: »Haben Sie keinen jrößern?« Denn solchen Ruf hat der Berliner, und zum Teil mit Recht.
Was will die »Weltbühne« in Wien? Die reichsdeutsche Ausgabe unserer Wochenschrift hat in Wien viele Freunde. Doch kann man von keinem Österreicher verlangen, dass er sich nun auch noch mit reichsdeutschen Sorgen belade – gewiß hat die deutsche Politik Rückwirkungen auch in Österreich, aber die sind lange nicht so groß, wie es die Nationalsozialisten wahrhaben wollen. Österreich ist nicht Deutschland. Für unsere österreichischen Freunde geben wir nun eine »Wiener Weltbühne« heraus, denn österreichische Politik kann von Berlin aus nicht gemacht werden. Sie soll von Wien aus gemacht werden.
Was die »Weltbühne« will, hat sie in achtundzwanzig Jahren gezeigt. Von meinem Lehrmeister, dem unvergeßnen Siegfried Jacobsohn gegründet, wurde sie nach dem Tod des Begründers von Carl von Ossietzky und mir weitergeführt. Ossietzky kann sich in dieser Wiener Ausgabe nicht äußern: er sitzt im Gefängnis. In dem Bestreben, gegen den Krieg zu arbeiten, wo immer er seinen bunten Schatten vorauswirft, hat mein Freund Ossietzky einen Artikel veröffentlicht, den wohl jeder Journalist hätte durchgehen lassen: die Arbeit befaßte sich mit eigenartigen Vorgängen in der deutschen Fliegerei. Das Reichsgericht hat den Verfasser des Artikels und den Verantwortlichen, Carl von Ossietzky, zu eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, eine administrative Maßnahme, die mit Justiz wenig zu tun hat. Der Kampfeswille Ossietzkys ist ungebrochen; er wird so aus der Haft hervorgehen, wie er hineingegangen ist: ein reiner Soldat des Friedens.
Mit ihm und dem Verlag ist diese »Wiener Weltbühne« durchgesprochen worden. Wir wollen unsre Reichweite vergrößern. Darf man das? Darf man sich in die Verhältnisse eines anderen Landes einmischen?
Man darf nicht nur – man muß es manchmal tun. Man muß es allemal dann tun, wenn es gilt, fremde Bundesgenossen zu unterstützen. Dazu gehören Takt, Verständnis, Ruhe und viel Wissen – aber es gibt keine inneren Verhältnisse, die den Nachbarn nichts angingen. Europa ist ein großes Haus. Seit wann darf eine Mietspartei im zweiten Stock ein Feuer anzünden und dann abwehrend rufen: »Mischt euch nicht in meine Verhältnisse! Das ist meine Wohnung!«? Jede Mietswohnung ist der Bestandteil eines Hauses – jedes europäische Land ist ein Bestandteil Europas. Wer sich abschließt, ist ein Dummkopf und ein Friedensstörer.
Und es ist ja nicht wahr, dass die Nationalisten sich nicht in die Verhältnisse andrer einmischen! Sie tun es dauernd. Die Faschisten machen außerhalb Italiens Proselyten, wo sie nur können, und sehr wenige Regierungen hindern sie daran. Das Pack schlägt sich nicht. Das Pack verträgt sich. Was hat Goebbels in Wien zu tun? Großmäuler habt ihr allein. Wer den Nationalismus predigt, bleibe zu Hause und nähre sich unredlich. Die Internationale der Nationalen ist die Rüstungsindustrie.
Anders aber liegen die Dinge, wenn Anhänger des internationalen Sozialismus sich zu Bundesgenossen gesellen. Für uns ist Osterreich kein »deutscher Raum«, sondern ein Land, in dem eine sozialistische Partei mehr erreicht hat als die Sozialdemokraten Deutschlands. Wir bejahen die Erfolge der österreichischen Sozialisten; was es an ihnen zu kritisieren gibt, das mögen unsere österreichischen Freunde kritisieren.
Das besorgten wir gegenüber der deutschen Sozialdemokratie, der wir einen großen Vorwurf gemacht haben. Nicht den, dass die Leute paktiert haben, daß sie Grundsätze geändert haben. Politik ist keine Mathematik. Aber dass die deutschen Sozialisten dergleichen getan haben, ohne auch nur das leiseste für sich zu erreichen, dass sie von Fritz Ebert bis zu dem unsäglichen Breitscheid dauernd verraten, ohne etwas dafür nach Hause zu bringen, dass sie zu einem »Novemberverbrechen« viel zu feige gewesen sind: das machen wir ihnen zum Vorwurf. Was ist aus dieser Partei geworden? Ein Judas ohne Silberlinge. Wir wünschen dem österreichischen Sozialismus größere Erfolge.
Da für uns die Interessen der arbeitenden Klassen an erster und die Staatsinteressen an zweiter Stelle stehen, so arbeiten wir auch in Osterreich. Wir haben denselben Feind. Wir wollen ihn vereint schlagen.

Kurt Tucholsky
Wiener Weltbühne, 29.09.1932, Nr. 1, S. 1.

http://www.textlog.de/kurt-tucholsky.html

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Schiller.

">Wenn sich die Völker selbst befrein, da kann die Wohlfahrt nicht gedeihn.<
(Friedrich Schiller, >Das Lied von der Glocke<.) Die Zwischenfrage ist nicht ganz vorlaut, wer sie denn befreien soll, die Völker, wenn sie es nicht selber tun."
Thomas Mann, "Versuch über Schiller", 1955.

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Brüllwitz


Charles Baudelaire: The Flowers of Evil. You are
one of the most loved and hated poetic works.
Death and decadence are important themes for
you, but none should overlook your impressive
aesthetics, either. Deep down youre not evil at
all, you just like to play the tough guy on the
block.

Which literature classic are you?
brought to you by Quizilla

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Die fünf Schwierigkeiten, die Wahrheit zu sagen

Wer heute die Lüge und die Unwissenenheit bekämpfen und die Wahrheit schreiben will, hat zumindest fünf Schwierigkeiten zu überwinden:

Er muß den Mut haben, die Wahrheit zu schreiben, obwohl sie unterdrückt wird.

Die Klugheit, sie zu erkennen, obwohl sie verhüllt wird.

Die Kunst, sie handbar zu machen als eine Waffe.

Das Urteil, jene auszuwählen, in deren Händen sie wirksam wird.

Die List, sie unter diesen zu verbreiten.

Diese Schwierigkeiten sind groß.
(B.Brecht)

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Erinnerung aus Krähwinkels Schreckenstagen

Wir Bürgermeister und Senat,
Wir haben folgendes Mandat
Stadtväterlichst an alle Klassen
Der treuen Bürgerschaft erlassen.

Ausländer, Fremde, sind es meist,
Die unter uns gesät den Geist
Der Rebellion. Dergleichen Sünder,
Gottlob! sind selten Landeskinder.

Auch Gottesleugner sind es meist;
Wer sich von seinem Gotte reißt,
Wird endlich auch abtrünnig werden
Von seinen irdischen Behörden.

Der Obrigkeit gehorchen, ist
Die erste Pflicht für Jud und Christ.
Es schließe jeder seine Bude
Sobald es dunkelt, Christ und Jude.

Wo ihrer drei beisammen stehn,
Da soll man auseinander gehn.
Des Nachts soll niemand auf den Gassen
Sich ohne Leuchte sehen lassen.

Es liefre seine Waffen aus
Ein jeder in dem Gildenhaus;
Auch Munition von jeder Sorte
Wird deponiert am selben Orte.

Wer auf der Straße räsoniert,
Wird unverzüglich füsiliert;
Das Räsonieren durch Gebärden
Soll gleichfalls hart bestrafet werden.

Vertrauet Eurem Magistrat,
Der fromm und liebend schützt den Staat
Durch huldreich hochwohlweises Walten;
Euch ziemt es, stets das Maul zu halten.

(Heinrich Heine, 1854)

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